Ettlmühle | Wasserkraftanlage 1905

Namensgebung

In der mittelalterlichen Landwirtschaft dominierte im Bayerischen Wald, begünstigt durch ein milderes Klima, der Getreideanbau. Jedes größere Bauerndorf benötigte eine eigene Mahlmühle, so auch das Dorf Nendlnach, zu dem die Ettlmühle gehörte. Die Ettlmühle wurde in der ersten Hälfte des 14. Jhr. errichtet.

Nendlnach umfaßte jahrhundertelang sechs Höfe und die Mühle, wovon ein Hof zur Herrschaft Bärnstein, die übrigen fünf Höfe sowie die Ettlmühle bis 1848 zur Herrschaft Saldenburg gehörten.

Im ältesten Saldenburger Stiftsbuch aus dem jahr 1472 wird die Mühle von Nendlnach erstmalig genannt und zugleich ihre jährliche Steuerleistung an die adelige Grundherrschaft aufgeführt.

Mit ihrem heutigen Namen erscheint die Ettlmühle erstmals im Verzeichnis der einschichtigen Adelsgüter der Herrschaft Bärnstein aus dem Jahr 1580. Parallel erwähnt Philipp Apian 1580 in seiner bayerischen Landesbeschreibung (gedruckt ca. 300 Jahre später), die "unterm Zusammenfluss von Großer (Schönberger) und Kleiner (Grafenauer) Ohe" gelegene Ettlmühle.

Salzhandel

Als im späten 16. Jahrhundert die bayerischen Herzöge ihr Salzmonopol aufbauten und als Konkurrenzunternehmen zum Passauer Salzhandel über den Goldenen Steig den Vilshofener Salzhandel auf einer angeblich "uralt guldene Straß" über Grafenau nach Böhmen einrichteten, veranlaßten sie 1590 auch den Bau einer Brücke über das Wasser bei der "Edtmül". Vier Jahre später wurde der Weg zwischen Nendlnach und Eberhardsreuth als Teilstück der "Goldenen Straße" errichtet, wobei die Wegmacher auch über die versumpften Wiesen im Ilztal eine Brücke, die "Ettlmühler Brücke" bauten.

Sägemühle und Mühlbau

Ende des 16. Jhr. betrieb der Ettlmüller neben seiner Mahlmühle mit drei Mühlgängen eine Sägemühle zum Schneiden von "Läden" (Brettern). Die namentliche Reihenfolge der Ettlmüller in den folgenden Jahrhunderten ist noch zu ermitteln. Sicher ist, dass im 18. Jhr. die "Piebl" oder "Biebl" die Ettlmühle besaßen. Um 1724 wird Georg Piebl auf der Ettlmüle genannt, dessen Sohn Martin die Grafenauer Simmel- oder Sturmmühle erwarb.

Das Hofanlagenbuch des Landgerichts Bärnstein von 1752 vermerkt unter den einschichtigen Grundbuchuntertanen der Hofmark Salbenburg"Ödlmihl, Joseph Piebl, Miller alda" ebenso das Hofanlagenbuch von 1760.

Ignaz Piebl, wahrscheinlich ein Sohn des Joseph und Enkel des Georg Piebl, ließ in den achtziger Jahren des 18. Jhr. den jetzigen, vornehmen Mühlbau errichten. Davon kündet die Bauinschrift des Türsturzes an der Frontseite:

IGNATIUS PIEBL 1788
Der Vierseithof Ettlmühle kurz & knapp
heutiger Bau des Haupthauses aus dem späten 18. Jhr mit Halbwalmdach, Hauptfassade geprägt durch ornamental bearbeitete Fenster-, Türgerichte (1788), Hausbank und figürliche Granitplastik als Radabweiser "Türke", Ensemble Vierseithof mit geschlossenem Hofbereich mit z.T. Gredpflasterung steht unter Denkmalschutz, mit Kleinställen, Stadl, Wagenremise und Kuhstall
Fakten zu den Gebäuden

Die Baukörper des Vierseithofes und ihr heutiger Zustand:

Gebäude Bauweise Zustand
Säge offene Holzkonstruktion, Mechanik erhalten Mechanik vorhanden, Holzbock-Befall
Wohn- und Mühlhaus Mahlkammer vorhanden, Hauptfassade geprägt durch ornamental bearbeitete Fenster- und Türgerichte, ornamentale Steinbank, Radabweiser in Form einer figürlichen Granitplastik "Türke" Wohnhaus bewohnt, Mühlhaus stark sanierungsbedürftig
Wasserräder 2 Zuppinger Wasserräder 1 Wasserrad restautriert (Schaufeln, Getriebe, Vorrechen), 2. Wasserrad außer Betrieb
Kleinställe entlang des Mühlgrabens stark einsturzgefährdet, z.T. bereits eingestürzt
Stadl integrierter, gemauerter Roßstall sanierungsbedürftig
Wagenremise Holzkonstruktion einsturzgefährdet
Kuhstall mit Gesindekammern eingestürzt
Backofen   nicht mehr vorhanden

Steinmetzarbeiten

Die kunstvollen Steinmetzarbeiten schuf mit großer Wahrscheinlichkeit der damals im nahen Eberhardsreuth als Häusler seßhafte Steinmetz Raffael Haindl. Eberhardsreuth mit geeigneten Granitvorkommen im Herrnholz und Bauernholz war ein frühes Zentrum des bayerwäldischen Steinmetzgewerbes.

Zuppinger Wasserrad

Das nach ihm benannte Wasserrad der Ettlmühle entwarf Walter Zuppinger, aufbauend auf Vorgängern von Poncelet und Sagebien, während er zwischen 1838 und 1844 (Patent 1849[5]) für Escher-Wyss an der Entwicklung neuartiger Wasserturbinen arbeitete. Das Zuppinger-Rad ist ein mittel- bis unterschlächtiges Kropfrad mit evolventenförmig gekrümmten Schaufeln, die nicht nur den hydrostatischen, sondern auch den dynamischen Druck des Wassers ausnutzen und dadurch einen höheren Wirkungsgrad erreichen. Technisch stellt das Rad eine Übergangsform vom klassischen Wasserrad zur modernen Wasserturbine dar.

Da das Rad effektiv bei niedrigem Gefälle (0,5 – 2 m) und ohne aufwändige Regelung auch bei stark schwankenden Wassermengen arbeitet, kommt es unter solch schwierigen Betriebsbedingungen als Alternative zur Turbine auch heute noch in vielen Wassermühlen, wie auch in der Ettlmühle und einigen Kleinwasserkraftwerken zum Einsatz.

Die Ettlmühle verfügte über zwei Zuppinger Wasserräder, die beide über Transmission die Mahlstühle- sowie die Sägeschneidmaschine antrieben. Das große Wasserrad hat einen Durchmesser von 5,40m, das kleinere Wasserrad über einen Durchmesser von 4,60m.

Im Jahr 1906 wurde im Mühlgebäude der erste Stromgenerator installiert, der es ermöglichte, das durch die Wasserkraft Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist werden konnte. 2001 wurde dieser zuletzt erneuert. Zeitweilig wurden mit ca. 3.000 weitere Haushalte mit eingespeistem Strom versorgt.

Mit dem Jahr 2012 wurde das kleinere Wasserrad außer Betrieb genommen. Durch die Anflanschung direkt an das Mühlgebäude entstanden im Laufe der Jahrzehnte starke mechanische Belastungen, die zu Rissen, etc. am Gebäude führten. Das gesamte Ensemble unterlag einer ständigen Vibration, die in Kombination mit Hochwasserschäden, dazu führte, dass dieses Wasserrad abgeschaltet werden musste.

Das große Wasserrad erhielt 2012 eine neue Kupplung. Eine lange Suche nach geeignetem Ersatz führte uns dazu, eine Kuppelung, welches ursprünglich im Braunkohletagebau für die dortigen großen Bagger verwendet wird, einzusetzen.

2018 sind alle 48 Holzschaufeln des Wasserrades in mühsamer Handarbeit ersetzt worden. Parallel wurde die Stützmauer neu aufbetoniert, um die Statik für das schwere Wasserrad zu sichern. Ein eigens konstruiertes Ablaufblech übernimmt nun die durchgängiere Ablauffunktion.

Schreibweise

Seit ältester Zeit war die Ettlmühle zusammen mit Nendlnach nach Perlesreut eingepfarrt, erst ab 1880 kam sie zu Haus im Wald. Im Jahr 1828 lebten in der damals zum Landgericht Grafenau gehörenden einschichtigen "Oetlmühl" 9 Personen. Bis 1952 schwankte die amtliche Schreibweise des Mühlennamens. In diesem Jahr wurde die erste Schreibweise "Oettlmühl" des auch "Ettlmühle" genannten Weilers aufgehoben und 1961 nochmals als "Ettlmühle" als amtlicher Name bestimmt.

Die Bogners

Ignaz Piebl hatte wahrscheinlich keine männlichen Nachkommen. Seine Tochter Franziska heiratete 1807 den Müller Martin Bogner. Seitdem sind die Bogner auf der Ettlmühle. Das Liquidationsprotokoll von 1838 beschreibt die "Etlmühle", Haus Nr. 33 der Steuergemeinde Nendlnach, mit "radicirter Mühl-, Oelschlag- und Schneidsägegerechtigkeit", umfassend:

Wohnhaus sammt Mahlmühle", Stallungen, Stadl, Säge, Backofen, Hofraum und Wurzgarten," "dann jenseits des Mühlgrabens die Walke mit Oelschläge", dazu ein "Nahrungshäusl sammt Stadl und Stallung".

1813 führt Martin Bogner als Bürgermeister die Gemeinde Nendlnach. Sein Sohn, Anton Bogner, versah bis 1860/61 ebenso das Bürgermeisteramt.

1848 erfolgte die Übergabe der Ettlmühle durch Martin Bogner an seinen Sohn Anton Bogner. Der zweite Sohn, Carl Bogner, erhält 2445 Mark Muttergut.

1892 erfolgte die Übergabe durch Anton Bogner an Georg Bogner, der die Bauerstochter Maria Lentner aus Großarmschlag heiratete.

Ab diesem Zeitpunkt sind noch weitere Ergänzungen vorzunehmen, die hier bald folgen werden.

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